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Ist GPR55 der dritte Cannabinoid-Rezeptor?
Das Endocannabinoid-System trägt in unserem Körper zur Balance bei. Seit seiner Entdeckung haben Forscher allmählich herausgefunden, wie es Neurotransmitter reguliert und die psychotropen Effekte von Cannabis unterstützt. Wissenschaftler betreten ständig Neuland in diesem Bereich und einige schlagen nun einen dritten Cannabinoid-Rezeptor vor – CB3.
Inhaltsverzeichnis:
Bei Royal Queen Seeds haben wir Dich durch alle Details des Endocannabinoid-Systems (ECS) geführt. Jetzt sind wir dabei, etwas tiefer in dieses Thema einzutauchen. Begleite uns bei unserer Erforschung neuer Strukturen, die derzeit um den Titel des dritten Cannabinoid-Rezeptors – CB3 – kämpfen. Das ECS steuert alle möglichen Prozesse innerhalb des menschlichen Körpers, so dass ein potentieller Neuzugang zu diesem allumfassenden Netzwerk eine ziemlich große Sache ist!
Die Cannabispflanze enthält Hunderte interessante Moleküle, die, wenn sie eingenommen werden, einzigartige biochemische Veränderungen im Körper hervorrufen. Insbesondere binden zahlreiche Vertreter der Cannabinoide und Terpene an Rezeptoren des ECS. Da dieses System viele Facetten der menschlichen Physiologie vermittelt, wird in laufenden Studien untersucht, ob und wie diese ECS-Liganden (Chemikalien, die an spezielle Rezeptoren binden) bei der Behandlung bestimmter Krankheiten wirken könnten.
Außerdem untersuchen Forscher das ECS weiterhin auf zusätzliche, bisher unbekannte oder nicht klassifizierte Komponenten. Zu diesen Ergebnissen zählt die Identifikation neuer Bindungsstellen für Cannabisbestandteile, die für die Zukunft von Medizinalhanf eine wichtige Rolle spielen könnten.
Im Folgenden erfährst Du mehr über das ECS und lernst die wichtigsten Kandidaten für "CB3" kennen, zu denen das faszinierende, aber unterrepräsentierte GPR55 zählt. Da die Cannabiswissenschaft weiterhin rasante Fortschritte macht, ist es lohnenswert, hinsichtlich dieser wichtigen Erkenntnisse auf dem Laufenden zu bleiben.
Ein Leitfaden zum Endocannabinoid-System
Um besser zu verstehen, warum die Idee eines CB3 so wichtig ist und warum GPR55 ein würdiger Kandidat ist, müssen wir zunächst einige Grundlagen des ECS erläutern.
Das ECS spielt in der menschlichen Physiologie viele wichtige Rollen. Schließlich trägt es zur Regulierung fast aller anderen Systeme im Körper bei, indem es einen Zustand des Gleichgewichts – die sogenannte Homöostase – fördert. Aber wie genau schafft es das?
Es handelt sich um einen komplexen Tanz zwischen verschiedenen Komponenten; nämlich Rezeptoren, Signalmolekülen und Enzymen.
Cannabinoid-Rezeptoren
Das "klassische" ECS umfasst zwei Arten von Cannabinoid-Rezeptoren: Cannabinoid Typ 1 (CB1) und Cannabinoid Typ 2 (CB2). Diese Rezeptortypen sind in vielen Bereichen des Körpers zu finden, angefangen bei Neuronen und Immunzellen bis hin zu Haut- und Knochenzellen. Diese Rezeptoren befinden sich auf der Oberfläche der Plasmamembran von Zellen und warten auf die Aktivierung durch ECS-Signalmoleküle.
Sowohl CB1 als auch CB2 zählen zu einer Gruppe von Rezeptoren, die als G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs) bezeichnet werden. Wenn ein Molekül an sie bindet, rufen sie Veränderungen an einem "G-Protein" hervor, das sich an der anderen Seite der Plasmamembran befindet. Diese Veränderung setzt eine biochemische Kaskade in Gang, die die notwendigen Veränderungen in der Zelle katalysiert.
Signalmoleküle – Endocannabinoide
Die Signalmoleküle des ECS werden als Endocannabinoide bezeichnet; dabei bedeutet "endo" "innerhalb". Die Zellen stellen diese Chemikalien bei Bedarf her und setzen sie frei, damit diese an die Cannabinoid-Rezeptoren anderer Zellen binden. So stellen beispielsweise postsynaptische Neuronen Endocannabinoide her und senden sie rückwärts (retrograd) über den synaptischen Spalt, um den eingehenden Neurotransmitter-Verkehr zu steuern.
Es gibt zwei Endocannabinoide, die zum klassischen ECS gehören: Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG). Nach der Bindung an die CB1- und CB2-Rezeptoren auf der Oberfläche der Zellen bewirken diese Moleküle interne Änderungen, die dabei helfen, unser System wieder in Balance zu bringen.
Interessanterweise haben Endocannabinoide eine ähnliche Struktur und Funktion wie Cannabinoide (Phytocannabinoide), die in der Cannabispflanze enthalten sind. So sind Moleküle wie THC in der Lage, an unsere Cannabinoid-Rezeptoren zu binden und zelluläre Veränderungen zu bewirken. Da einige Wissenschaftler das ECS als "therapeutisches Ziel" erachten, werden Cannabinoide verstärkt auf ihr Potential zur Vermittlung dieses lebenswichtigen physiologischen Systems untersucht.
Enzyme
Die dritte Gruppe von Komponenten, aus denen das ECS besteht, sind Enzyme. Diese Proteine stellen Endocannabinoide aus anderen Molekülen her, wenn der Körper sie braucht; ein Prozess, der als Synthese bezeichnet wird. Sie bauen sie aber auch schnell wieder ab, nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben – ein Prozess, der als Degradation bzw. Zersetzung bezeichnet wird.
Das Endocannabinoidom verstehen
Jüngste Entdeckungen haben Wissenschaftler dazu veranlasst, weitere Komponenten des ECS zu identifizieren. Das als "erweitertes Endocannabinoid-System" oder "Endocannabinoidom" bezeichnete System umfasst eine Reihe von Liganden, 20 Stoffwechselenzyme und über 20 Rezeptoren[1]. Diese immense Erweiterung des Netzwerks umfasst Komponenten, die an einer Vielzahl von Prozessen beteiligt sind, die von der Schmerzsignalisierung bis zur Genexpression und Fettverbrennung reichen. Diese Erkenntnisse öffnen die Tür zu vielen anderen Mechanismen, durch die Cannabinoide im Körper wirken könnten.
GPR55: Der dritte Cannabinoid-Rezeptor?
Wir wissen, dass CB1 und CB2 zu der Klasse der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören, aber Cannabinoide binden auch an andere Vertreter dieser großen Familie, einschließlich des G-Protein-gekoppelten Rezeptors 55, der schlichtweg als "GPR55" bezeichnet wird. Forscher nannten diese Stelle früher "verwaisten Rezeptor", da seine endogenen Liganden unbekannt blieben. Inzwischen ist jedoch bekannt, dass verschiedene Liganden des ECS an diese Stelle – einschließlich Anandamid – binden[2].
Wissenschaftler isolierten und klonten GPR55[3] erstmals im Jahr 1999. Es scheint, dass der Rezeptor an vielen Stellen im Körper vorkommt. Im Zentralnervensystem findet sich eine hohe Expression im Hippocampus (einer Gehirnregion, die am Gedächtnis und Lernen beteiligt ist) und im Kleinhirn. Der Rezeptor ist auch an peripheren Stellen zu finden, unter anderem in Zellen der Milz, des Magen-Darm-Trakts und der Nebennieren. Studien haben auch eine hohe GPR55-Expression an bestimmten Krebszellen festgestellt.
Interessanterweise hat GPR55 eine "geringe Homologie" – eine andere genetische Struktur – gegenüber CB1 und CB2. Es hat nur 13,5% der Aminosäuren (die Bausteine von Proteinen) mit CB1 und 14,4% mit CB2 gemeinsam. Trotz dieses genetischen Unterschieds sind einige Wissenschaftler zu dem Schluss gelangt, dass GPR55 die Bezeichnung CB3 verdient.
Bestimmte Studien verwenden ein "Knockout-Maus"-Modell, um die Effekte von Cannabinoiden zu bestimmen. Ohne die Erbanlagen, die diese Proteine kodieren, verfügen die Mäuse einfach nicht über CB1- und CB2-Rezeptoren. Da Cannabinoide bei diesen Mäusen jedoch manchmal immer noch Effekte hervorrufen, sind die Forscher auf der Suche nach anderen Rezeptorstellen, an denen es zu Veränderungen kommt.
In einer im British Journal of Pharmacology veröffentlichten Studie wurde eine Reihe von pflanzlichen und synthetischen Cannabinoiden[4] bezüglich GPR55 untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Anandamid, 2-AG, CBD und andere Moleküle erfolgreich an GPR55 binden.
GPR55 und CBD
Was bedeutet das jedoch für Cannabiskonsumenten? Wie werden diese Erkenntnisse die Art und Weise verändern, wie wir Cannabis verwenden? Die Entdeckung, wie Cannabinoide im Körper wirken, hilft den Wissenschaftlern dabei, ihre potentiellen Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin zu verstehen.
Die FDA hat das CBD-haltige Medikament Epidiolex für schwere Formen von Epilepsie zugelassen. CBD rückte erstmals durch berühmte Anekdoten über Kinder, die an epileptischen Anfällen litten, ins Rampenlicht. Nun versuchen die Forscher weiter herauszufinden, wie CBD im Körper genau funktioniert. Es hat sich herausgestellt, dass GPR55 dabei eine Rolle spielen könnte.
Aber nur weil CBD an GPR55 bindet, heißt das noch nicht, dass es den Rezeptor "aktiviert". Tatsächlich spielt es die Rolle eines Antagonisten, d. h. es hemmt die Wirkung anderer Moleküle, die diese Stelle aktivieren. Die Effektivität von CBD stammt möglicherweise von seiner Fähigkeit, Chemikalien, die die Erregbarkeit von Neuronen erhöhen, vorübergehend daran zu hindern,*an den GPR55-Rezeptor zu binden[5].
Forscher der Universität Łódź in Polen haben zudem vorgeschlagen, dass GPR55-Rezeptoren als therapeutisches Ziel für Reizdarmerkrankungen[6] (CED) dienen könnten. Dies ist eine Krankheit, die mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtsverlust, anhaltendem Durchfall und Bauchschmerzen einhergeht. Die Studien werden fortgesetzt, um herauszufinden, ob die Blockade des Rezeptors durch den Einsatz von Antagonisten dazu beitragen könnte, die Symptome der Erkrankung zu reduzieren, was CBD zu einem potentiellen Kandidaten macht.
Weitere G-Protein-gekoppelte Rezeptoren
Weitere Vertreter der Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren sind in dem breiten System des Endocannabinoidoms enthalten. Schauen wir uns zwei von ihnen genauer an und finden wir heraus, warum sie zukünftig auch zum Pantheon der Cannabinoid-Rezeptoren gehören könnten.
- GPR18
Der G-Protein-gekoppelte Rezeptor 18 (GPR18), auch bekannt als N-Arachidonoyl-Glycin-Rezeptor (NAGly-Rezeptor), ist ein weiterer Cannabinoid-Rezeptor-Kandidat. Sowohl THC als auch Anandamid binden mit hoher Affinität an GPR18, während CBD dies nur mit geringer Affinität tut. Das bedeutet, dass sich der Rezeptor einige Charakteristika mit dem CB1-Rezeptor teilt. Aus diesem Grund behaupten einige Forscher, dass GPR18 als Cannabinoid-Rezeptor[7] in Betracht gezogen werden sollte, was ihn zu einem weiteren Kandidaten für den CB3-Titel macht.
GPR18 kommt in den höchsten Konzentrationen im Hoden- und Milzgewebe vor und ist auch im Thymus, Dünndarm und in den weißen Blutkörperchen vorhanden. Derzeit erforschen Wissenschaftler die Rolle des Rezeptors bei der Blutdruckkontrolle[8] und der Regulierung des Augeninnendrucks[9].
- GPR119
GPR119 ist ein weiterer neuer Cannabinoid-Rezeptor, der zukünftig bei der Behandlung von Diabetes eine Rolle spielen könnte. Der Rezeptor wird beim Menschen hauptsächlich im Magen-Darm-Trakt und in den Beta-Zellen[10] der Bauchspeicheldrüse exprimiert. Derzeit sind nur einige Endocannabinoid-Moleküle bekannt, die an diesen Rezeptor binden. Die Wissenschaftler sind noch dabei zu erforschen, welche Phytocannabinoide GPR119 modulieren und welche Rolle er bei der Regulierung der Gewichtszunahme und der Insulinsekretion spielt.
Der CB3-Rezeptor: Ein zukunftsträchtiges Thema
Obwohl Forscher bereits in den 1960er Jahren die ersten Spuren des ECS entdeckten, stehen sie noch ganz am Anfang dieser Reise. Sie sind immer noch dabei, alles zu bestimmen, über die richtigen Bezeichnungen zu diskutieren und herauszufinden, wie genau die Moleküle der Cannabispflanze die verschiedenen Rezeptoren beeinflussen. Es ist auch wichtig zu wissen, dass GPR55 und seine verwandten Rezeptoren nicht die einzigen Kandidaten für den CB3-Titel sind.
Einige Wissenschaftler behaupten, dass TRPV1 (ein Rezeptor, der Hitze und Schmerz feststellt) diese Ehre zuteil werden sollte, da sowohl CBD als auch Anandamid an diese Stelle binden[11].
Eine andere Gruppe von Rezeptoren, die sogenannten Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR), sind ebenfalls geeignete Kandidaten für diese Position. Diese Stellen sind im Zellkern zu finden und an der Genexpression und dem Fettstoffwechsel beteiligt. Eine Reihe von Cannabinoiden interagieren mit diesen Rezeptoren[12], zu denen THC, CBD, THCV und CBG zählen.
Diese Stellen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Zukünftige Untersuchungen werden wahrscheinlich viele andere Rezeptoren zu Tage befördern, die dann Mitglieder eines ECS werden, das viel umfangreicher ist als jenes, das wir heute kennen. Diese unvermeidlichen Veränderungen sind einfach in der Art und Weise begründet, wie Wissenschaft funktioniert.
Forschungsfelder werden ständig durch neue Erkenntnisse auf den Kopf gestellt, und was wir heute als gesichert zu wissen glauben, kann sich bereits morgen als wackelig erweisen. Wir bei RQS haben es uns zur Aufgabe gemacht, bei diesem faszinierenden Thema auf dem Laufenden zu bleiben, und Du kannst Dich darauf verlassen, dass wir Dich über diese wichtigen Veränderungen informieren werden, sobald sie eintreten.
External Resources:
- The Expanded Endocannabinoid System/Endocannabinoidome as a Potential Target for Treating Diabetes Mellitus | SpringerLink https://link.springer.com
- The orphan receptor GPR55 is a novel cannabinoid receptor https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- GPR55 – a putative “type 3” cannabinoid receptor in inflammation https://www.degruyter.com
- The orphan receptor GPR55 is a novel cannabinoid receptor https://bpspubs.onlinelibrary.wiley.com
- A role of GPR55 in the antiepileptic properties of cannabidiol (CBD) (P2.277) | Neurology https://n.neurology.org
- G protein-coupled receptor 55 (GPR55) expresses differently in patients with Crohn's disease and ulcerative colitis - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- So what do we call GPR18 now? https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- The novel endocannabinoid receptor GPR18 is expressed in the rostral ventrolateral medulla and exerts tonic restraining influence on blood pressure - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- A GPR18-based signalling system regulates IOP in murine eye - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- GPR119, a novel G protein-coupled receptor target for the treatment of type 2 diabetes and obesity https://www.ncbi.nlm.nih.gov
- Endocannabinoid System Components: Overview and Tissue Distribution - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- An update on PPAR activation by cannabinoids https://www.ncbi.nlm.nih.gov
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