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Cannabisextrakte: Die Zukunft organischer Fungizide?
Könnte Cannabis helfen, Pflanzenkrankheiten zu bekämpfen? Synthetische Fungizide stehen auf dem Prüfstand, während die Forschung zeigt, dass Terpene und Flavonoide einen natürlichen, bodenschonenden Schutz bieten. Unsere geliebte Pflanze könnte die ökologische Landwirtschaft und den Eigenanbau revolutionieren.
Inhaltsverzeichnis:
- Der Bedarf an organischen Fungiziden
- So wirken Cannabisextrakte als Fungizide
- Vorteile von Fungiziden auf Cannabisbasis gegenüber herkömmlichen Methoden
- Herausforderungen und Grenzen von Fungiziden auf Cannabisbasis
- Zukunftsperspektiven: Können Cannabisextrakte zu gängigen organischen Fungiziden werden?
Vielleicht wirst du naher Zukunft Cannabis für deinen Cannabisanbau nutzen: nicht nur als Mulch oder in Form von Hanfschnur als Spaliernetz, sondern auch als chemischer Wirkstoff zur Bekämpfung lästiger Pilzkrankheiten wie Mehltau und Fusarium.
Die Terpene, Flavonoide und anderen Phytochemikalien, die für die Effekte und Aromen von Cannabis verantwortlich sind, erfüllen wichtige Funktionen, die über die bloße Attraktivität für menschliche Grower hinausgehen. Als Ergebnis der Anpassung an natürliche Umweltbedingungen bilden diese Verbindungen ein chemisches Arsenal, das Cannabispflanzen vor allen möglichen Bedrohungen schützt, darunter auch problematische Pilze.
Viele Landwirte wenden sich von konventionellen Anbaumethoden ab, die unserer Umwelt großen Schaden zugefügt haben, und wollen stattdessen natürlichere und bodenschonendere Ansätze bei Düngung, Pflanzenmanagement und Pflanzenpathogenen nutzen.
Die von der Cannabispflanze produzierten Chemikalien könnten bei diesem Wandel eine Rolle spielen – und zwar nicht nur in der Landwirtschaft insgesamt, sondern auch in Nischen wie dem organischen Cannabisanbau.
Im Folgenden untersuchen wir die besonderen Eigenschaften, die Cannabis zu einem vielversprechenden Kandidaten im Kampf gegen schädliche Pilze machen.
Der Bedarf an organischen Fungiziden


Etwas ist schiefgelaufen – und zwar gewaltig: Dank moderner Technologie können wir mehr Nutzpflanzen produzieren als je zuvor, wobei allerdings etwa 40 %[1] der von uns angebauten Lebensmittel nie verzehrt werden.
Im aktuellen Landwirtschaftsparadigma wird dieses Produktionsniveau durch übermäßige Bodenbearbeitung sowie den Einsatz von synthetischen Düngemitteln, Fungiziden und weiteren Inputs ermöglicht. Unsere landwirtschaftlichen Böden sind in der Folge mittlerweile mit Mikroplastik, Schwermetallen und Chemikalien wie Herbiziden bzw. Fungiziden belastet.
Als Reaktion darauf plädieren die aufstrebenden Bereiche der Agrarökologie und des nachhaltigen Landbaus für alternative Ansätze zur Minimierung dieser Schadstoffe, wozu beispielsweise der Ersatz von Plastikplanen durch Bodendecker zählt. Ebenso erforschen sie verschiedene Möglichkeiten zur Pilzbekämpfung ohne giftige Chemikalien.
Timorex Gold, ein natürlicher Extrakt aus Melaleuca alternifolia (allgemein bekannt als Australischer Teebaum), ist ein vielversprechendes natürliches Fungizid. Es hat sich bei Gemüse, Kräuter und Obstbäumen als wirksam gegen eine Reihe pflanzenpathogener Arten erwiesen.
Auch im Cannabisanbau haben sich organische Fungizide bewährt. Cannabispflanzen werden in der Blüte häufig von verschiedenen Pilzpathogenen befallen, darunter Arten der Gattungen Aspergillus, Penicillium, Fusarium und Mucor.
Eine 2023 veröffentlichte Studie[2] zeigt, dass verschiedene organische Fungizide Mehltau bei Hanf um 76–100 % reduzieren können.
Diese Ergebnisse sind vielversprechend. Doch warum stellen synthetische Fungizide überhaupt ein so großes Problem dar? Warum werden in der Landwirtschaft insgesamt Alternativen benötigt?
Warum chemische Fungizide an Beliebtheit verlieren
Konventionelle Fungizide sind, wie der Name schon sagt, unbestreitbar wirksam bei der Abtötung von Pilzen. Doch genau wie Medikamente für Menschen können auch chemische Fungizide erhebliche Risiken für die Umwelt bergen.
Die wichtigsten Gründe für den Bedarf an natürlichen Alternativen sind unter anderem:
- Streuwirkung: Viele synthetische Fungizide wirken wie eine Chemiekeule und töten nicht nur ihre Zielpathogene, sondern auch nützliche Pilze, die zum Schutz und zur Ernährung von Nutzpflanzen beitragen.
- Giftige Rückstände: Manche Fungizide können bis zu einem Jahr im Boden verbleiben. Während dieser Zeit schädigen sie Nichtzielorganismen und können in die Nahrungskette gelangen.
- Bodenverschlechterung: Durch die Veränderung der empfindlichen mikrobiellen Gemeinschaften im Boden können Fungizide dem Substrat seine Vitalität und Fruchtbarkeit entziehen. Schäden an Nährstoffen zirkulierenden Mikroben beeinträchtigen nicht nur das Bodenmikrobiom, sondern auch die Pflanzen selbst.
- Entwicklung von Resistenzen: So wie Bakterien in der Lage sind, Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln, können sich auch Pilze anpassen und eine Resistenz gegen Fungizide entwickeln. Der übermäßige Einsatz dieser chemischen Bekämpfungsmittel erzeugt einen Selektionsdruck, der diesen Prozess beschleunigt und widerstandsfähigere Pilzstämme hervorbringt, die schwerer zu bekämpfen sind.
- Wasserverschmutzung: Fungizide können über den Abfluss von Feldern in nahe gelegene Gewässer gelangen. Dies belastet aquatische Ökosysteme, die bereits durch andere Verschmutzungsquellen erheblich belastet sind.
So wirken Cannabisextrakte als Fungizide


Ob du es glaubst oder nicht, könnte deine Lieblingspflanze zu einem neuen Arsenal pflanzlicher Fungizide beitragen, die deutlich weniger Risiken bergen als ihre synthetischen Gegenstücke. Doch wie genau wirken Cannabisextrakte als organische Fungizide?
Cannabispflanzen sind phytochemische Kraftwerke. Sie verfügen über einzigartige Biosynthesewege, die ihnen ermöglichen, Hunderte verschiedener Chemikalien zu produzieren. Manche davon schützen die Pflanzen vor Pilzerregern, denen sie sowohl in der freien Natur als auch im Anbau begegnen.
Von Terpenen über Cannabinoide bis hin zu Flavonoiden investieren Cannabispflanzen Energie in Selbstschutz und tragen so dazu bei, dass sie reife Blüten für die Fortpflanzung produzieren können.
Lies weiter, um mehr über diese faszinierenden Verbindungen zu erfahren.
Wichtige antimykotische Bestandteile von Cannabisextrakten
Cannabispflanzen enthalten mehrere wichtige Kategorien chemischer Waffen. Dazu gehören:
- Flavonoide: Cannabispflanzen produzieren eine Reihe von Flavonoiden, darunter solche, die in der Natur weitverbreitet sind, wie zum Beispiel Quercetin und Kaempferol, sowie andere, die ausschließlich in Cannabis vorkommen, zum Beispiel Cannflavine. Diese exklusiven Flavonoide sind vielversprechend für die Hemmung des Pilzwachstums[3], was insbesondere durch die Zerstörung der Plasmamembran und die Induktion mitochondrialer Dysfunktion in Pilzzellen geschieht.
- Terpene: Cannabispflanzen produzieren über 140 Terpene – Verbindungen, die zu den spezifischen Aromen, Geschmacksrichtungen und Wirkungen jeder Sorte beitragen. Neben ihrem angenehmen Duft schützen Terpene als sekundäre Pflanzenstoffe die Pflanzen teilweise vor Krankheiten. Dank ihres Terpen-Gehalts bieten Extrakte aus Cannabisharz eine vielversprechende antimykotische Wirkung.
- Alkohole: Extrakte aus Cannabisblättern haben sich als wirksam[4] gegen verschiedene pilzliche Pflanzenpathogene wie Aspergillus flavipes erwiesen. Für diese Wirkung sind verschiedene Verbindungen verantwortlich, darunter auch Alkohole wie n-Butanol.
Vorteile von Fungiziden auf Cannabisbasis gegenüber herkömmlichen Methoden


Wenn Cannabisverbindungen die Wirksamkeit herkömmlicher Fungizide erreichen oder sogar übertreffen können, während sie gleichzeitig auch Umwelt- und Gesundheitsrisiken reduzieren, könnten sie einen wichtigen Durchbruch in der nachhaltigen Landwirtschaft darstellen.
Im Gegensatz zu vielen nicht selektiven chemischen Fungiziden könnten Extrakte auf Cannabisbasis gezielt gegen schädliche Pilze wirken und so dazu beitragen, pathogene Mikroben zu unterdrücken, ohne gleichzeitig nützliche Bodenorganismen zu beeinträchtigen.
Diese Fähigkeit macht sie besonders attraktiv für Biobauern und regenerative Landwirte, die ein gesundes, lebendiges Bodenmikrobiom bewahren möchten.
Bei langfristiger Anwendung in hohen Konzentrationen können sie nützliche Pilzpopulationen im Boden stören. Die Agrarökologie plädiert jedoch für einen ausgewogenen Ansatz.
In Kombination mit anderen Pilzbekämpfungstechniken wie dem Anbau von Mischkulturen können Cannabisfungizide eine kurzfristige und gezielte Lösung im Rahmen einer umfassenderen ganzheitlichen organischen Strategie bieten.
Vergleich von Cannabisextrakten mit herkömmlichen Fungiziden
Zu den wichtigsten Vorteilen, die Cannabisextrakte gegenüber herkömmlichen Fungiziden bieten, gehören:
- Umweltfreundliches Profil: Fungizide auf Cannabisbasis sind biologisch abbaubar und verbleiben nicht in der Umwelt, wie dies bei synthetischen Chemikalien der Fall ist. Dies bedeutet weniger Umweltverschmutzung, geringere Bodenschädigung und weniger Schäden für Nichtzielorganismen.
- Gezielte Wirkung: Viele Cannabisverbindungen sind zwar sehr wirksam, schädigen bei sparsamer und gezielter Anwendung aber weniger nützliche Bodenpilze und -mikroben.
- Geringeres Resistenzrisiko: Dank der Komplexität und Vielfalt von Cannabisverbindungen dauert es länger, bis Krankheitserreger Resistenzen entwickeln – insbesondere wenn Extrakte für unterschiedliche Wirkungen rotiert oder gemischt werden.
- Verbrauchersicherheit: Ökologische Erzeuger und Cannabis-Grower möchten synthetische Rückstände in ihren Pflanzen vermeiden. Fungizide auf Cannabisbasis eignen sich hierfür hervorragend und bergen gleichzeitig auch deutlich geringere Risiken für Endverbraucher.
Herausforderungen und Grenzen von Fungiziden auf Cannabisbasis


Innovationen sind oft mit zahlreichen Hürden verbunden. Trotz ihres Potenzials sind Fungizide auf Cannabisbasis noch wenig erforscht, weshalb sie bei ihrer Einführung mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sein könnten.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Regulierung bleibt eines der größten Hindernisse für eine breite Anwendung. In vielen Teilen der Welt – selbst in der Landwirtschaft – wird Cannabis noch immer als kontrollierte Substanz eingestuft. Dies schränkt neben der Erforschung auch die kommerzielle Entwicklung landwirtschaftlicher Inputs auf Cannabisbasis ein.
Darüber hinaus schafft die Unterscheidung zwischen Hanfprodukten (mit geringem THC-Gehalt) und THC-reichen Cannabisprodukten eine zusätzliche rechtliche Grauzone. Hanfextrakte sind zwar leichter zu vermarkten, enthalten allerdings oft geringere Konzentrationen von potenten antimykotischen Verbindungen wie bestimmten Cannabinoiden und Terpenen.
Zukunftsperspektiven: Können Cannabisextrakte zu gängigen organischen Fungiziden werden?
Die Verwendung von Cannabis als Fungizid bietet eine potenzielle Alternative zu schädlichen konventionellen Optionen – und zwar nicht nur für Cannabisanbauer, sondern für Landwirte im Allgemeinen. Diese Fungizide auf Cannabisbasis bergen geringere Risiken für Anwender und Umwelt.
Durch Optimierung und Tests könnten maßgeschneiderte Rezepturen auch spezifische Krankheitserreger bekämpfen, ohne zu Resistenzen zu führen, während sie gleichzeitig das empfindliche, nützliche Pilzleben im Boden bewahren.
Die Innovationstätigkeit in diesem Bereich befindet jedoch noch ganz am Anfang. Weitere Forschung ist erforderlich, um die komplexen chemischen Zusammenhänge sowie die Auswirkungen der vielen in Cannabis enthaltenen Verbindungen auf Krankheitserreger und anderes mikrobielles Leben im Boden vollständig zu verstehen. Mit der Zeit könnte es jedoch tatsächlich passieren, dass du mithilfe von Cannabisverbindungen Cannabis anbaust.
- https://www.wri.org/insights/how-much-food-does-the-world-waste
- https://apsjournals.apsnet.org/doi/10.1094/PDIS-09-22-2094-RE
- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7168129/
- https://www.researchgate.net/publication/347510022_Antifungal_activity_of_leaf_extract_of_Cannabis_sativa_against_Aspergillus_flavipes