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Cannabinol (CBN): Was Ist Es Und Was Sind Seine Effekte?
Auch wenn es weniger Aufmerksamkeit bekommt als THC und CBD, tritt CBN als Cannabinoid mit ganz eigenen Effekten in Erscheinung. Die Forschung zu dieser Verbindung steckt noch in den Kinderschuhen und ist größtenteils hypothetisch – doch erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass sie in Zukunft durchaus nützlich sein könnte. Also: Was wissen wir bisher über das sogenannte „schläfrige“ Cannabinoid?
Inhaltsverzeichnis:
- Wie wird CBN in der Cannabispflanze gebildet und wo kommt es vor?
- Wie übt CBN seine Wirkung aus?
- Wie wirkt sich CBN auf unseren Körper aus?
- Was ist der Unterschied zwischen CBN und CBD?
- Hat CBN wirklich eine sedative Wirkung?
- Ist CBN legal?
- Welche CBN-Produkte sind heutzutage erhältlich?
- Ein Blick auf die Zukunft von CBN
CBN oder Cannabinol ist weitaus weniger bekannt als THC oder CBD und es ist nicht einmal so einfach, es aus der Cannabispflanze zu extrahieren. Die potenziellen positiven Wirkungen auf den menschlichen Körper werden jedoch von der Wissenschaft nun allmählich untersucht. Was wissen wir bisher über das “schläfrig machende” Cannabinoid?
Wie wird CBN in der Cannabispflanze gebildet und wo kommt es vor?
Anders als viele andere Cannabinoide entsteht Cannabinol (CBN) nicht aus Cannabigerolsäure (CBGA). Tatsächlich handelt es sich bei CBN um ein Abbauprodukt von Tetrahydrocannabinol – es entsteht also, wenn THC erhitzt oder Sauerstoff ausgesetzt wird. Aus diesem Grund enthalten gealterte oder oxidierte Cannabisblüten häufig höhere Mengen an CBN. Allerdings liegt der CBN-Gehalt selbst in getrockneten oder gealterten Blüten meist unter 1 %.
Wie übt CBN seine Wirkung aus?
Die meisten Cannabinoide entfalten ihre Wirkung, indem sie an die Rezeptoren unseres Endocannabinoid-Systems (ECS) binden – ein neuronales Botenstoffnetzwerk, das in jedem menschlichen Körper existiert. Es reguliert viele physiologische Funktionen und beeinflusst unter anderem Stimmung, Immunantwort, Schlaf, Appetit und Schmerzempfinden.
Die bekanntesten Rezeptoren heißen CB1 und CB2, doch viele Cannabinoide interagieren auch mit weiteren Rezeptoren. Die große Vielfalt an Cannabinoiden bindet auf unterschiedliche Weise – manche als „Agonisten“, andere als „Antagonisten“ – und erzeugt so eine breite Palette potenzieller Effekte.
CBN, das wie THC aus der gleichen Ursprungssubstanz hervorgeht, hat eine höhere Affinität zum CB2-Rezeptor als zum CB1-Rezeptor – allerdings bindet es schwächer als THC. Labortests zeigen, dass CBN als Agonist an CB1-Rezeptoren wirkt, allerdings deutlich weniger stark als THC. Darüber hinaus agiert CBN auch als Agonist am TRPV2-Rezeptor, was zu schmerzlindernden Effekten beitragen könnte. Erste Studien deuten außerdem darauf hin, dass CBN auch Enzyme beeinflusst, die an der Bildung und dem Abbau von Neurotransmittern beteiligt sind.
Wie wirkt sich CBN auf unseren Körper aus?
Bevor wir tiefer in dieses Thema einsteigen, sei gesagt: Alle Studien zu CBN befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium. Es existieren bislang weder klinische Daten noch viele Erfahrungsberichte von Nutzer*innen. Im Vergleich dazu wissen wir schon deutlich mehr über die Wirkung von THC und CBD. Dennoch zeigt die Forschung im Rahmen der bisherigen Datenlage vielversprechende Ansätze.
Bereits 1984 zeigte eine Studie an Katzen, dass sowohl CBN als auch CBG den Augeninnendruck[1] senken konnten. Neuere Studien lenken den Fokus auf weitere potenzielle Wirkungsbereiche von CBN: Im Labor konnte es die übermäßige Zellvermehrung hemmen, indem es die Hyperproliferation von menschlichen Keratinozyten reduzierte. Ähnlich wie CBD scheint auch CBN entzündete Haut zu beruhigen[2], was möglicherweise mit seiner Wirkung auf TRPV2-Rezeptoren zusammenhängt.
Neuere Forschungen unterstützen zudem die Hypothese, dass alle fünf Hauptcannabinoide – einschließlich CBN – gegen verschiedene antibiotikaresistente Staphylococcus-Stämme[3] mit klinischer Relevanz wirken. Die genauen biochemischen Mechanismen dahinter sind jedoch noch nicht vollständig verstanden.
Studien, in denen THC, CBD und CBN an Ratten verabreicht wurden, zeigen, dass CBN durch die Modulation der CB1-Rezeptoren den Appetit[4] sowie die Nahrungsaufnahme steigern könnte. Außerdem könnte CBN eine THC-Alternative zur Linderung von Symptomen und zur Verzögerung neurodegenerativer Erkrankungen[5] darstellen. Auch seine antikonvulsiven Effekte wurden untersucht[6] – allerdings scheinen diese im Vergleich zu THC und CBD weniger ausgeprägt zu sein.


Was ist der Unterschied zwischen CBN und CBD?
Cannabidiol (CBD) und Cannabinol (CBN) – trotz ihrer ähnlichen Namen – sind zwei verschiedene Moleküle mit jeweils eigenem Entstehungsweg. Der genaue Ablauf der Cannabinoid-Biosynthese ist noch nicht vollständig geklärt, beginnt aber offenbar mit einer Substanz namens Geranylpyrophosphat (GPP). Diese verbindet sich entweder mit Olivetolsäure zu Cannabigerolsäure (CBGA) oder mit Divarinolsäure zu Cannabigerovarinolsäure (CBGVA). Pflanzenenzyme wandeln diese Vorstufen dann in Cannabinoidsäuren wie Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) und Cannabidiolsäure (CBDA) um. Durch Erhitzen – also Decarboxylierung – werden diese dann in ihre aktiven Formen THC und CBD umgewandelt.
CBN hingegen entsteht durch nicht-enzymatische Oxidation von THC. Das bedeutet, es bildet sich ganz natürlich durch den Abbau des beliebtesten Cannabinoids.
Neben ihren chemischen Unterschieden werden CBD und CBN auch unterschiedlich wahrgenommen – sowohl von Forscherinnen als auch von Konsumentinnen. Die möglichen positiven Wirkungen von CBD stehen im Rampenlicht, während CBN eher ein Schattendasein fristet. CBD ist heute breit verfügbar, im Gegensatz zu CBN, das in Cannabis-Wellness-Produkten nur in sehr geringen Mengen enthalten ist. Es gibt bereits solide Forschung und viele Informationen zu CBD – bei CBN ist das (noch) nicht der Fall. Insgesamt ist CBD also besser erforscht, günstiger, weiter verbreitet und vielseitiger einsetzbar.
Ganz verschieden sind die beiden aber auch nicht: Weder CBD noch CBN zeigen eine starke Bindung an CB1- oder CB2-Rezeptoren, und keiner von beiden löst Rauschzustände oder andere psychoaktive Effekte aus. Allerdings können sie die Wirkung von THC leicht modulieren.
Cannabisprodukte mit einem sehr hohen Anteil an CBN oder CBD können ähnliche Nebenwirkungen verursachen – etwa Müdigkeit oder Schwindel. Dafür sind jedoch recht hohe Dosen nötig, die über die gängige medizinische Anwendung hinausgehen, was ihre Wirksamkeit einschränkt. Beide Cannabinoide wurden zudem im Hinblick auf ihre potenzielle Wirkung gegen Krampfanfälle, Entzündungen und Schmerzen untersucht – allerdings konnte bislang nur CBD in bestimmten Fällen, etwa bei bestimmten Formen von Epilepsie, klare Vorteile zeigen. Die Forschung zu CBN ist zwar vielversprechend, steht aber noch am Anfang. Klinische Studien müssen seine Wirksamkeit erst noch belegen.
Hat CBN wirklich eine sedative Wirkung?
CBN wird manchmal als das „schläfrige Cannabinoid“ bezeichnet – aber die Wissenschaft stützt diesen Ruf bislang nur bedingt. Zwar wird CBN häufig eine beruhigende Wirkung nachgesagt, besonders in Kombination mit THC in Indica-Sorten , die laut gängiger Meinung aufgrund ihres spezifischen Cannabinoid- und Terpenprofils sedierender wirken als Sativas. Doch bereits in den 1970er-Jahren zeigte eine kleine Humanstudie[7], dass die Kombination von CBN und THC stärkere Müdigkeit und Schwindel verursachte als THC allein – CBN alleine hingegen hatte weder eine berauschende noch eine einschläfernde Wirkung.
Daraus schlossen die Forschenden, dass der vermeintliche sedierende Effekt von CBN in Wirklichkeit eher auf die höheren Gehalte beruhigender Terpene in bestimmten Sorten zurückzuführen ist – etwa Myrcen oder Linalool. Wahrscheinlicher ist, dass CBN in manchen Fällen durch den Entourage-Effekt zur Beruhigung beiträgt – also im Zusammenspiel mit anderen Cannabinoiden und Terpenen.


Ist CBN legal?
CBN ist nicht als kontrollierte Substanz der Vereinten Nationen gelistet. Allerdings sind nationale Gesetze rund um Cannabisprodukte oft verwirrend und widersprüchlich – zumal CBN aus THC gewonnen werden kann, das in den meisten Ländern unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Es ist jedoch auch möglich, CBN aus Hanf zu extrahieren, der in vielen Regionen legal ist. Das könnte eine erlaubte Methode sein, um CBN zu gewinnen.
Wie so oft bewegen sich Cannabiskonsument*innen also in einer rechtlichen Grauzone. Deshalb ist es immer ratsam, sich vor dem Kauf oder Besitz von CBN-Produkten über die geltenden Gesetze zu informieren – ganz gleich, ob das CBN isoliert oder Bestandteil eines Vollspektrumprodukts ist.
Welche CBN-Produkte sind heutzutage erhältlich?
Die Extraktion von CBN ist eine echte Herausforderung: Das Cannabinoid muss gezielt isoliert und in bioverfügbaren Produkten konzentriert werden. Einige CBN-Extrakte sind bereits auf dem Markt erhältlich, und namhafte Marken bieten mittlerweile Produkte mit hohen CBN-Gehalten in verschiedenen Formen an – darunter CBN-Öle, Tinkturen, Edibles, Cremes und Kapseln.
Die sichersten und zuverlässigsten Produkte stammen aus der Extraktion von CBN aus biologischem Hanf mit modernen Verfahren. Dadurch wird ausgeschlossen, dass auch nur Spuren von THC enthalten sind. Um sicherzugehen, wie viel CBN ein Produkt wirklich enthält – egal ob isoliert oder Vollspektrum – solltest du immer auf eine unabhängige Laboranalyse achten.
Außerdem kannst du verschiedene cannabinoidhaltige Produkte kombinieren, um den Entourage-Effekt bestmöglich zu nutzen. Expert*innen empfehlen dabei, täglich Buch zu führen über die eingenommenen Cannabinoide – so findest du heraus, welche Kombination am besten für dich funktioniert und vermeidest zu hohe Dosierungen samt möglicher Nebenwirkungen.
Ein Blick auf die Zukunft von CBN
Da es noch nicht genug Forschung über die Wirkung von CBN gibt, lassen sich aktuell keine gesicherten Aussagen zu konkreten medizinischen Anwendungen treffen – auch wenn erste Studien durchaus vielversprechend sind. Sollten sich diese Ergebnisse künftig bestätigen, könnte CBN möglicherweise den Appetit steigern, gesunden Schlaf fördern, das Immunsystem stärken, Entzündungen lindern, Bakterien bekämpfen und sogar Krankheiten[8] entgegenwirken. Aufgrund seiner offenbar nicht psychoaktiven Wirkung könnte es in manchen medizinischen Anwendungen sogar als THC-Ersatz infrage kommen – wobei CBN in Kombination mit THC und CBD offenbar am effektivsten wirkt.
Derzeit wird vor allem das Potenzial von CBN zur Förderung von Entspannung und zur Behandlung von Schlaflosigkeit untersucht. Die bisherigen Ergebnisse – insbesondere aus vorklinischen Studien – sind vielversprechend. Doch um die Wirksamkeit zu bestätigen, sind weitere klinische Studien am Menschen nötig.
- Intraocular pressure, ocular toxicity and neurotoxicity after administration of cannabinol or cannabigerol https://www.sciencedirect.com
- Cannabinoids inhibit human keratinocyte proliferation through a non-CB1/CB2 mechanism and have a potential therapeutic value in the treatment of psoriasis - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Antibacterial cannabinoids from Cannabis sativa: a structure-activity study - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Cannabinol and cannabidiol exert opposing effects on rat feeding patterns - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Cannabinol delays symptom onset in SOD1 (G93A) transgenic mice without affecting survival - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- The anticonvulsant activity of cannabidiol and cannabinol - ScienceDirect https://www.sciencedirect.com
- Effects of delta9-tetrahydrocannabinol and cannabinol in man - PubMed https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Cannabinol inhibits proliferation and induces cell cycle arrest and apoptosis in glioblastoma, hepatocellular carcinoma and breast cancer cells https://opus.uleth.ca
