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Du hast online Werbung dafür gesehen und Deine Freunde haben darüber gesprochen. Jetzt bist Du selbst an der Reihe herauszufinden, ob es sich wirklich lohnt, sich "Disjointed" reinzuziehen, oder ob sich die Serie nur ertragen lässt, wenn man vorher sein Lieblingskraut geraucht hat.
Die neue Sitcom "Disjointed" von Chuck Lorre erzählt die Geschichte von Ruth Whitefeather Feldman, der Eigentümerin einer Verkaufsstelle für Cannabis. Von der Oscar-prämierten Schauspielerin Kathy Bates verkörpert, ist Ruth eine Langzeit-Cannabisaktivistin, die auf dem heutigen kalifornischen Markt agiert. Sie lässt ihren Überzeugungen Taten folgen und eröffnet ihren eigenen Pot-Laden in Los Angeles. "Ruths Alternative Caring" ist der zentrale Schauplatz, an dem die meisten Ereignisse der Serie stattfinden. Nebenakteure sind die Mitarbeiter und Kunden des Shops.
Diese Multiple-Camera-Sitcom kombiniert ein aktuelles Thema mit einem altmodischen Setup. Sie sieht aus wie eine sehr traditionelle Sitcom, die vor 30 Jahren hätte gedreht werden können. Dies ist ein Stil, den Netflix auch mit anderen Serien wie "The Ranch" und "One Day at a Time" übernommen hat. Dieses Format bleibt den klassischen Stoner-Klischees treu und man geht - ob das Dir nun gefällt oder nicht – kaum über die klassischen Kifferwitze über den Verlust des Kurzzeitgedächtnisses und Fressflash hinaus.
Zu Beginn der Show kehrt Ruths überambitionierter Sohn Travis von der Handelsschule zurück, um seiner Mutter bei der Leitung des Ladens zu helfen. Es gibt eine sehr interessante Meinungsverschiedenheit zwischen diesen beiden Charakteren: Auf der einen Seite sucht der aktive Travis nach innovativen Techniken zur Steigerung der Gewinnmargen. Ruth dagegen ist Traditionalistin und befürchtet, dass geschäftliches Wachstum bedeutet, Teil des Establishments werden zu müssen.
Die Serie führt dann mit dem Wachmann Carter einen weiteren starken Kontrast ein. Carter leidet nach seinem Einsatz im Irak an PTBS. Obwohl Cannabis häufig verwendet wird, um Menschen mit dieser psychischen Störung zu helfen, hat Carter noch nie geraucht. Zudem haben wir noch drei weitere Charaktere: Meisterzüchter Pete (der mit seinen Pflanzen spricht) ist ein liebevoller Typ, der für die notwendige Hippie-Atmosphäre sorgt. Außerdem ist noch Jenny dabei, ein chinesisches Mädchen, das sich nicht traut, ihrer Familie zu beichten, dass sie die medizinische Fakultät verlassen hat, um in Ruths Geschäft zu arbeiten. Die letzte Mitarbeiterin ist Olivia, die ein interessantes Verhältnis zu Travis hat und eine ziemlich entspannte Einstellung zum Leben zeigt.
Im Laufe der Zeit werden immer mehr Personen eingeführt, die zur Handlung beitragen. Es gibt den Gegenspieler Tae Kwon Doug, der ein Taekwondo-Fitnessstudio betreibt und es hasst, dass er die Einkaufsstraße mit einer Verkaufsstelle für Weed teilen muss. Dann sind da noch die Kunden. Dazu gehört eine Mutter, die mit Hilfe von Cannabis wieder Interesse am Leben gewonnen hat, und zwei YouTuber, die von Ruth reichlich Weed kaufen. Dank und Dabby sind die Internet-Sensation in der Serie und stehen für einen interessanten Nebenstrang der Handlung, der für viele Zuschauer den besten Teil der Show ausmacht.
Disjointed. Photo: Robert Voets/Netflix
Im Allgemeinen sind die Bewertungen nicht allzu positiv. Tatsächlich fallen viele geradezu verheerend aus. Der allgemeine Konsens ist, dass die Serie den Charakteren und der Handlung keine Tiefe verleiht. Die New York Times nennt sie "ein Chaos von einer Komödie, die nicht das Gefühl vermittelt, überhaupt irgendwohin zu gehören." Obwohl dies vielleicht etwas zu viel des Guten ist, gab Metacritic der Serie einen Metascore von gerade einmal 43 (von 100), auf Grundlage der Bewertung von 22 Kritikern.
Die auf einer sehr vorhersehbaren Ausgangslage basierende Serie geht nicht allzu viele Risiken ein. Dem oberflächlichen Plot gelingt es nicht, tiefere Fragen des Cannabiskonsums und der Industrie anzugehen. Es gibt ganz offensichtliche Probleme, die beim Betrieb einer Cannabisverkaufsstelle auftreten können - wir hätten es sehr gern gesehen, dass die Charaktere den schwankenden Zustand der Cannabis-Gesetze der amerikanischen Bundesregierung zur Sprache bringen. Stattdessen beschränkt sich Disjointed auf einen sehr einfach gestrickten Humor.
Doch das Publikum scheint eine etwas andere Meinung zu haben als die Kritiker. Mit einem User-Score auf Metacritic von 72 - basierend auf 79 Bewertungen - scheinen die Leute die Serie zumindest ein wenig genossen zu haben. IMDb zeigt eine Punktzahl von 6,5, bei fast 4.000 Bewertungen.
Generell fanden wir Disjointed ja ganz witzig – wir haben aber nicht vor Lachen auf dem Boden gelegen oder uns die Bäuche gehalten. Es handelt sich um solide Unterhaltung für eine Nacht voller Rauch. Auch wenn wir uns diese erste Staffel wohl nicht ein weiteres Mal reinziehen, werden wir uns aber wahrscheinlich die zweite Staffel trotzdem ansehen.
Obwohl es sich um eine traditionell geschriebene Serie handelt, wird Cannabis auf sehr moderne Art dargestellt. Tatsächlich engagierten die Verantwortlichen sogar einen Cannabisberater, damit alles sachlich korrekt zugeht. Was jedoch die Darstellung der Hanf-Kultur angeht, hat man sich nicht annähernd so viel Mühe gegeben. Das steht schon mal fest.
Ruth's Alternative Caring verkauft Cannabisblüten, Extrakte, Esswaren und alle möglichen Utensilien. Das ist extrem positiv, denn es zeigt dem Zuschauer, dass Cannabis mehr ist als Joints und Züge aus der Bong. Diese Serie wird Neulingen helfen, zu verstehen, dass sich ihm in diesem Bereich eine ganze Reihe von Möglichkeiten bieten. Sie wird ebenso deutlich machen, dass das Verdampfen von Blüten und/oder Extrakten eine gesündere Option darstellt. Damit gehen ganz offensichtliche Nutzen für die Industrie und die Auflösung der Stigmatisierung einher.
Dessen ungeachtet präsentiert die Show den Graskonsumenten nicht als funktionalen und verantwortungsvollen Erwachsenen. Es gibt auch ganz normale Menschen, die sich einfach dafür entscheiden, ihr Leben mit Cannabis zu verbessern. Disjointed ist jedoch keineswegs eine tiefe Charakterstudie solch moderner Nutzer. Sogar Travis (Ruths Sohn), der angeblich "die verantwortungsbewusste Rolle" spielt, vergisst seine Pflichten, weil er raucht oder zu high ist. Es ist nachvollziehbar, dass dieser Ansatz wahrscheinlich profitabler ist und zu offensichtlichen Reaktionen auf Seiten der Zuschauer führt. Allerdings macht es uns einfach traurig, eine Serie zu sehen, die so viel verändern könnte, es aber kaum tut. Hoffentlich wird sich dies bei der Produktion neuer Staffeln ändern. Derzeit müssen wir mit dem zufrieden sein, was wir haben.
Letztendlich wird die Serie ihren Vorschusslorbeeren, eine bahnbrechende Darstellung von Cannabis in den Medien zu sein, nicht gerecht. Jetzt allerdings zu behaupten, sie sei gar nicht wirkungsvoll, entspricht aber auch nicht ganz der Wahrheit. Disjointed ist einfach nicht so gut wie es hätte sein können. Doch natürlich wird eine Cannabis thematisierende Serie, die vom Schöpfer der Mainstream-Serien wie "Big Bang Theory", "Two and a Half Men" und "Mike & Molly" produziert wird, die Branche beeinflussen.
Dies ist ein großer Schritt in Richtung des Ziels, Cannabis zu einer angeseheneren "Mainstream" -Substanz zu machen, die nicht länger den Zorn gegnerischer Parteien hervorruft. Informationen unter der nicht informierten Öffentlichkeit zu verbreiten, ist immer gut. Leider ist das Fernsehen in der heutigen Gesellschaft einer der effektivsten Wege, um dies zu tun.
Akzeptieren wir die Realität, so wie sie ist: Disjointed wird dazu beitragen, die Cannabisgemeinschaft in ein besseres Licht zu setzen und das Kiffer-Stigma zu reduzieren. Selbst wenn diese Sitcom die Art und Weise, wie Zuschauer Hanffreunde betrachten, nicht revolutionieren wird, bietet sie zumindest eine aktualisierte Perspektive auf Cannabis und seine vielen Nutzen und Anwendungen. Alles, was wir als Hanfis tun können, ist, diese Serie zu beobachten, zu teilen und konstruktiv zu kritisieren, damit in Zukunft bessere Inhalte entstehen können. Wir müssen nur abwarten und Geduld haben.